Als Basismaterial für die Schrankwand Installation wurden ausschließlich Schrankwände des Typs „Eiche rustikal“ aus der Region über Kleinanzeigen verwendet. Die Kategorie „Zu verschenken“ deutet schon an, dass diese sonst auf dem Sperrmüll gelandet wären. Tatsächlich wurden auch einige Elemente auf der Straße gefunden. Haufen getürmter und zusammengeschlagener Möbel am Straßenrand sind heute keine Seltenheit. Wie kann es sein, dass die Protagonisten unserer Wohnumgebungen zum Wegwerfprodukt verkamen?
Die als „Eiche rustikal“ deklarierten Schränke aus furnierten oder mit Folien beklebten Spanplatten waren industriell hergestellt, unglaublich schwer und sollten vielleicht mit dem Bild von Wertigkeit das Ewigkeitsversprechen von Eiche ins private Wohnzimmer holen. Diesen Möbel-Stil könnte mensch als inoffiziellen Nachfolger des „Gelsenkirchener Barock“ bezeichnen und tatsächlich haben viele Menschen den Begriff hierfür verwendet. Dass nicht nur ich Teile meiner kleinbürgerlichen Kindheit in den 1980ern in einem Eiche-rustikal-Wohnzimmer verbracht habe, haben schon einige Besucher:innen im GeOrgel bezeugt. Gemeinsam mit dem echten „Gelsenkirchener Barock“ ist dieser industriell hergestellten Möbelgeneration jedenfalls, dass sie auch für die untere Mittelschicht erschwinglich und repräsentativ war, etwas „hermachte“. Weitere Hintergründe zum Thema und zum echten Gelsenkirchener-Barock werden am Sonntag, den 9.10. um 17 Uhr im GeOrgel bei dem Vortrag Gelsenkirchener Barock – Glanzvolle Auftritte eines gelebten Wohnstils“ von Wiltrud Apfeld, Historikerin und Leiterin des Kulturraums „die flora“ zu erfahren sein.




Wenn sich heute Menschen von ihrer damals für viel Geld angeschafften Wohnzimmer-Schrankwand trennen, hat das oft den Grund, dass sich Geschmäcker über Generationen geändert haben, die Möbel also nicht mehr an die Kinder weitergegeben werden können und dass diejenigen, die sie damals kauften, in kleinere Räume umziehen oder sogar verstorben sind.
Im GeOrgel steht ein Schrank, den wir aus Dortmund abgeholt habe: der Abbau barg manches Geheimnis und wurde zu einer fast 2-stündigen Wohnzimmer-Performance. Wir haben aber auch interessante Dinge über den Schrank erfahren, der in Lüdenscheid im Sauerland gefertigt worden war und bei der Anschaffung zunächst der ganze Stolz eines jungen Familienglücks war …
Die Geschichte dazu wird als Audio hörbar beim Aufziehen einer Schublade des Schrankes.